Seitdem ich mich irgendwann entschieden habe, die Eitelkeit (von Zeit zu Zeit) beiseite zu lassen und mehr von dem guten Gefühl zu zehren, das flache Schuhe meinen Füßen bescheren, probiere ich immer flachere Modelle aus. Und nun bin ich bei den Barfußsandalen angekommen. Denn: umso flacher, desto intensiver das Laufgefühl. Am besten ist dabei barfuß laufen …
Den Sommer in Barfuß-Sandalen
Kein Schuh – und sei die Sohle noch so dünn – konnte mir bis jetzt wirklich das Barfußgefühl vermitteln. Es ist immer ein wenig anders. Die Sohle, die den Fuß vom Boden trennt, macht immer einen Unterschied. Sie ist eben nie so dicht am Fuß, dass sie „verschwindet“. Meist schlappt sie noch ein wenig beim Gehen oder macht sich auf andere Weise bemerkbar.
Barfußlaufen ist dagegen wirklich cool … nur ganz ehrlich: lieber zu Hause, auf der Wiese oder auf Sand. Wer schon mal versucht hat, auf hartem Asphalt oder auf pickeligem Waldboden barfuß zu gehen, der weiß: Es macht nicht überall Spaß. Und warten, bis die Hornhaut endlich dicker wird, mich etliche Leute auf der Straße angestarrt haben und die Füße schließlich wahrscheinlich noch größer geworden sind (wie passionierte Barfußläufer bestätigen!) will ich auch nicht. Außerdem bin ich eine Frostbeule – besonders an den Füßen.
Also beginnt meine Möglichst-wie-barfuß-Laufen-Saison meist im Sommer. Dann müssen ein paar minimalistische Schuhe her, die trotzdem stark an das freie Gefühl des Barfußlaufens erinnern. Diesen Sommer geht also wieder los. Ich habe meine Lunas ausgepackt (Luna Mono), die ich letzten Sommer schon häufig getragen habe. Sie sehen etwas wie Flipflops aus, was mir gefällt, nach vorne hin breiter werdende Entenfüße sind also nicht zu befürchten.
Doch leider sind die Lunas ohne das zusätzliche Klettband, das man anbringen kann, damit die Sandale besser an der Ferse sitzt, nicht wirklich für langes Laufen geeignet – bei mir zumindest. Das Problem: Ich rutsche ohne das Extra-Band mit dem Fuß etwas zu weit vor, so dass das Fersenband immer wieder runterrutscht. Wahrscheinlich wär das Problem behoben, wenn der Zehentrenner etwas weiter unten wäre. Ich trag sie trotzdem gerne im Alltag.
Anders gehen will geübt sein
Was mir letztes Jahr beim ersten Ausprobieren der Lunas auffiel: Während eines längeren Spaziergangs durch die alten Ruinen Mykenes in Griechenland musste ich erst mal eine geeignete Gangart finden, um flüssig zu gehen. Der typische Fersengang, den man aufgrund der Tatsache, dass eigentlich JEDER Schuh einen Absatz hat, funktionierte nämlich kaum. Zu Beginn musste ich kleinere Schritte machen, um nicht völlig in meine Schritte zu fallen. Ich experimentierte am meisten mit dem Aufsetzen des Fußes auf den Boden. Am besten ging es letztendlich, indem ich zuerst mit der vorderen Außenkante des Fußes aufsetzte. Das war etwas gewöhnungsbedürftig, aber eine schöne Abwechslung zu meiner sonstigen Gangart. Erstaunlicherweise hatte ich am nächsten Tag richtig gut Muskelkater in den Waden.
Die Beinmuskulatur scheint mir bei diesem Gehen insgesamt mehr involviert zu sein. Vor dem Aufsetzen gibt es eine kurze Phase, in der man mitten in der Bewegung etwas innehalten muss, um nicht zu hart aufzutreten. Man wird sich dabei bewusster darüber, wie man sonst geht. Schuhe mit dickerer Sohle nehmen einem das irgendwie ab, indem sie es verzeihen, wenn man einfach sein Bein in den Schritt fallen lässt. Aber die Oberschenkelmuskulatur hat davon nichts.
Alternative Sandalen
Zwischendurch hab ich mir die den Lunas ziemlich ähnlichen Chala Sandalen (Chala Evo Vegan mit gelbem Streifen in der Sohle) angeschafft. Der Unterschied zu dem Lunas ist hier vor allem, dass das Querband über den Fußrücken hier zur Innenseite des Fußes läuft, während es bei den Lunas außen herum läuft. Das macht die ganze Sache anders – zumindest rutscht mir das Fersenband nicht mehr runter.
Vor Kurzem hab ich mir dann noch ganz minimale Sandalen geholt, bei denen man einfach eine Sohle aus Wildleder auf einen 5 mm dicken Gummi (gibts auch dünner) klebt und das ganze mit einem komplizierten System einer Fadenführung am Fuß festmacht. Durch die vielen Querfäden ist der Halt richtig gut, wenn man erst einmal eine gute grundlegende Spannung der einzelnen Segmente ausgetüftelt hat. Dafür muss man an verschiedenen Stellen immer wieder nachziehen oder lockern. Die Sohle ist ziemlich breit und die vielen Schnüre betonen den Fuß und machen ihn größer. Ich hab mir letztendlich die Sohle um einiges schmaler geschnibbelt – und jetzt sehen sie viel besser aus.
Und wieder anders laufen
Das Laufen ist hier auch wieder anders. Es geht am besten, wenn man einfach mit der Fußvorderseite zuerst auftritt – oder den Fuß nicht weit vom Boden hebt und ihn mehr zieht, aber das kommt schon nah ran ans Schlurfen … Ich habe mal einen Film über die Todas (von Clemens Kuby), einen Stamm in Südindien, gesehen, in dem erzählt wurde, dass dieses Volk eine ganz spezielle Gangart habe, bei der sie zuerst mit den Zehen aufträten. Sie fühlten so angeblich vorher den Boden nach Unwegbarkeiten ab. Das geht mit diesen an Römer-Sandalen erinnernden Teilen ziemlich gut. Der Gang wirkt auch elegant, sobald man den Dreh einmal raushat, und man kann sich tatsächlich einbilden, dass im vorderen Bereich des Fußes irgendwie Hindernisse ein wenig erspürt werden können, bevor sie unter dem Fuß landen. Bergauf komme ich mit diesen Sandalen, die auch von der deutschen Firma Chala gefertigt werden, noch nicht ganz flüssig, da ich die Bänder nicht ganz so festgezurrt mag und das Wildleder unter dem Fuß aber leicht rutscht.
Ballerinas aus synthetischem Kautschuk
Zu guter Letzt hab ich noch einen besonderen Fund aus der Barfußschuh-Ecke: Iguaneye aus Portugal. Sie sehen echt süß aus, wie Ballerinas mit einer kleinen futuristischen Ecke vorne. Sie sind aus synthetischem Kautschuk, haben genug Öffnungen für die Luftzirkulation. Zehentrennung muss man hier mögen, denn diese geht zwischen großem und zweiten Zeh ganz bis oben zur Spitze durch. Aber dann sind sie echt gut zu tragen. Durch die dickere Korksohle, die einfach eingelegt wird, kann man in den Iguaneye leichter seiner normalen Gangart frönen. Die Trennung zum Zeh trainiert auch ein wenig das Gelenk am oberen Rand des Innenfußes – eine gute Übung gegen Halux Valgus vielleicht. Kleiner Nachteil: Fahrrad fahren ist mit den Schuhen ausgeschlossen. Sie rutschen auf der Pedale sofort von der Ferse.
Freiheit den Füßen
Flache Schuhe zu tragen oder barfuß zu gehen macht wirklich Spaß, fordert den Fuß und es kommt unserer Natur einfach entgegen. Es ist eine super Gymnastik für den Fuß und eine Gelegenheit, körperliche Routinen zu durchbrechen. Während Sneaker mit superweichen Sohlen den Fuß kaum noch fordern, sondern nur „pampern“, muss man mit minimalistischen Barfußschuhen das Gehen fast wieder neu lernen.
Aber es lohnt sich. Durch die minimale „gear“ am Fuß spürt man die Luft und den Wind, Kälte, Wärme und feuchte Bereiche, die man durchquert. Und das Gefühl, die eigenen Bewegungen wieder bewusst wahrzunehmen, macht absolut Laune. Man bekommt in Barfuß-Sandalen zudem richtig gut mit, wie der Boden unter den Füßen beschaffen ist: Verschiedene Grade von Härte und diverse kleine Unebenheiten, Steinchen und sonstige Dinge kann man da bemerken – Massageeffekt eingeschlossen. Große Spannung also bei etwas ganz profan Alltäglichem.